Verletzlichkeit
Wenn Liebe den Schmerz umarmt
Tief in uns gibt es still gewordene Orte.
Nicht aus Gleichgültigkeit.
Sondern aus Schutz.
Weil einmal etwas zu viel war.
Oder zu wenig.
Wir haben gelernt, uns zu verschließen.
Nicht, weil wir nicht fühlen wollten –
sondern weil es manchmal sicherer war,
unsere Gefühle zu verbergen und nichts zu zeigen.
Weil unsere Verletzlichkeit nicht überall Platz hatte.
Weil wir nicht wieder verletzt werden wollten.
Und das ging gut.
Wir wirkten vielleicht seltsam, kühl und unnahbar.
Doch tief in uns ist sie da:
Die Verletzlichkeit
Spürbar.
Auch wenn sie sich nicht zeigt.
wenn wir schweigen,
lächeln,
und funktionieren.
Manchmal fühlt sich genau das richtig an.
Nicht, weil wir uns verstecken –
sondern weil unser Inneres gerade nicht offen sein kann.
Oder will.
Auch das ist echt.
Auch das ist verletzlich.
Nur anders.
Verletzlichkeit ist nicht immer das, was gesehen wird.
Aber sie lebt in uns –
in jedem zarten Gedanken,
in jeder unausgesprochenen Sehnsucht,
in jedem Rückzug,
der nicht gegen andere gerichtet ist,
sondern für uns selbst.
Es gibt diese stillen Momente,
in denen etwas in uns weich wird.
Ein Atemzug, der langsamer wird.
Ein Wort, das sich traut.
Ein Zittern, das nicht mehr unterdrückt werden muss.
Wo Mut und Vertrauen uns begleiten.
Uns vielleicht eine Hand gereicht wird.
Dann entsteht Verbindung.
Nicht nur mit anderen,
sondern mit uns selbst.
Denn auch das Zurückhalten ist Verbindung –
wenn es bewusst geschieht.
Wenn wir uns selbst genug achten,
um unsere Grenzen zu wahren.
Verletzlichkeit bedeutet nicht, alles preiszugeben.
Sondern da zu sein mit dem, was ist.
Auch wenn es gerade niemand sieht.
Und manchmal,
wenn genug Raum da ist,
wenn Wärme spürbar wird –
innen wie außen –
dann dürfen wir uns zeigen.
Nicht, weil wir müssen.
Sondern weil etwas in uns bereit ist.
Verletzlichkeit ist keine Schwäche.
Keine Leistung.
Kein Beweis.
Sie ist der Ort, an dem wir uns selbst begegnen.
Wahr.
Unverstellt.
Lebendig.
Wenn die Liebe den Schmerz umarmt,
muss nichts anders sein,
als es gerade ist.
Dann darf alles da sein:
Das Offen-Sein.
Das Schweigen.
Das Noch-Nicht-Können.
Das Zögern.
Das Hoffen.
In diesem Raum entsteht etwas.
Etwas Echtes.
Etwas Heilsames.
Etwas Menschliches.
Vielleicht ist es genau das,
was uns trägt:
Dass wir fühlen.
Dass wir verbunden sind –
auch in unserer Verletzlichkeit.
Gerade in ihr.
Wie geht es dir gerade mit diesen Zeilen?